Volle Nordbebauung ohne Landesmittel für den Mauerpark
Es ist nichts so arg, als dass es nicht noch ärger kommen kann. So geschehen mit dem Coup, den sich die Bezirksstadträte von Berlin Mitte klammheimlich letzten Dienstag (26. Juni) geleistet haben. Der erste Überraschungsangriff datierte vom 13. Juni. Da hatten die Fraktionen von SPD und CDU in der Sitzung des Ausschusses „Soziale Stadt“ in einem Dringlichkeitsantrag den mit breiter Mehrheit gefundenen Kompromiss der BVV ausgehebelt. Dieser sah einen bebauungsfeien Süden und eine moderate Bebauung im Norden nur auf „Teilflächen“ vor.
Als der neue Dringlichkeitsantrag, jetzt mit einer Vollbebauung mit 600 Wohneinheiten und 58.000m² Bruttogeschossfläche, in der BVV Sitzung am 14. Juni wegen des Sitzungsendes um 23:00 nicht mehr durchzubringen war, war guter Rat teuer.
Die Lösung haben die Bezirksstadträte schnell gefunden. Warum überhaupt unser Parlament beteiligen, das können wir doch selber? Wir als Bezirksstadträte beschließen die Ausarbeitung eines städtebaulichen Vertrags wie im Dringlichkeitsantrag vorgesehen. Wir Bezirksstadträte wollen auch, dass der Bebauungsplanentwurf 1-64 nach diesen Nutzungsvorgaben weiter geführt wird.
Was so selbstverständlich erscheint und formal möglicherweise getan werden konnte, ist unter demokratischen Spielregeln ein Skandal. Erst wird ein mit breiten politischen Mehrheiten in Mitte und Pankow sowie der Akzeptanz von Bürgerwerkstatt und „Freunden des Mauerparks“ gefundener vernünftiger Kompromiss nach wenigen Wochen wieder kassiert. Dann soll wenigstens noch das aufgeblähte Bebauungskonzept im Norden von den Parlamentariern abgesegnet werden. Als das nicht vor der Sommerpause klappt, schiebt man ohne jegliche parlamentarische Befassung und Bürgerinformation den Beschluss seitens des Bezirksamts durchs Sommerloch.
Wem nützt dieser Coup? Sicher der CA Immo, die durch die massive Bebauung im Norden ihre Maximalrendite erreichen will. Genauso aber dem Senat von Berlin. Denn das sickert immer stärker durch. Das Statement von Staatssekretär Christian Gaebler stellt sich als Bluff heraus. Es hieß:“ Wir werden den Mauerpark um 5 Hektar Fläche erweitern“…Die zusätzliche Fläche werde das Land vom Grundstückseigentümer CA Immo aus Wien ankaufen (Berliner Zeitung vom 26. April 2012). Die Wahrheit ist, dass diese Flächen dem Land Berlin kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, wenn eine Einigung über das vom Eigentümer im Norden gewollte Bauvolumen erreicht wird. Die immer gleiche Melodie erklingt: Dem Senat ist der Mauerpark keinen Cent wert.
So lässt sich der Bezirk Mitte zum Handlanger eines bedenklichen Geschäfts zwischen einem privaten Eigner und dem Staat machen. Und: eine massive Bebauung rückt direkt an den Bezirk Pankow und seine Interessen heran. Wie soll eine Zuwegung zu einem riesigen Baufeld führen, wenn nicht doch über das Gleimviertel? Wie kann man ohne rechtliche Skrupel Baurecht für ein im Flächennutzungsplan Berlin als Grünfläche ausgewiesenes Areal schaffen, wenn man diese vollständig bebaut?
Und wie muss der „Bürgerwerkstatt Mauerpark Fertigstellen“ zumute sein? Sie soll den weiteren Planungsprozess im Süden begleiten, nachdem man ihre Vorgaben und Positionen zur von ihr nicht gewollten Vollbebauung im Norden nonchalant übergangen hat. Nimmt man so Bürgerbeteiligung ernst?
Klar ist: Bei den rapide gestiegenen Grundstückspreisen und dem Verwertungsnutzen, den die CA Immo als Flächenentwickler erwirtschaften kann, könnte sie auch mit einer moderateren Bebauung hoch zufrieden sein. Und wenn der Senat wenigstens wie versprochen etwas Geld für einen Teilflächenankauf im Süden in die Hand nähme, wäre es das I-Tüpfelchen an Gewinnerwartung für den Grundstückseigentümer.
Senat, bewege Dich zugunsten des Mauerparks! Bezirk Mitte, rudere zurück zum Kompromiss vom 17. April! Verstrickt Euch nicht in juristisch anfechtbare Schnellschüsse.
Die Freunde des Mauerparks setzen sich auf der Basis des BVV Mitte Kompromisses vom 17. April für eine unverzügliche Weiterführung der Planungsarbeit zur Parkerweiterung ein und wollen daran mitwirken. Dies darf aber nicht um den Preis einer Maximalbebauung nördlich des Gleimtunnels erfolgen. Eine solche wäre städtebaulich rückwärtsgewandt, stadtklimatisch schädlich und brächte eine zu starke infrastrukturelle Belastung des Umfeldes. Auch würde sie zu einer starken Entwertung der bestehenden Grün- und Erholungsanalagen an der Schwedter Str. (Kinderbauernhof, Spielplatz, Kletterfelsen) führen.
BA-Mitte Beschluss (PDF 20kB)