Bericht vom Mauerpark-Brunch am 30.11.2008
Der vom Verein Freunde des Mauerparks initiierte Mauerpark-Brunch in der Jugendfarm Moritzhof führte einige Aktivisten aus mehreren Vereinen, den anliegenden Kiezen einschließlich des Brunnenviertels und aus Parteien zusammen. In gemütlicher novemberlicher und sehr konstruktiver Atmosphäre wurden Gedanken ausgetauscht, wie sich der Mauerpark im bestehenden wie im noch zu errichtenden Teil entwickeln könnte und sollte. Hier ein Überblick über die Visionen und Projekte, die diskutiert wurden und deren Verwirklichung ein Gewinn für den Mauerpark und seine Nutzer wäre.
Die Öffnung des Mauerparks zum Wedding als aktuelle Aufgabe
Alle Teilnehmer waren sich darin einig, dass möglichst bald mehr Verbindungen vom Wedding in den Mauerpark geschaffen werden sollten. Er wird als Bürgerpark verstanden, der die Bezirke Wedding und Prenzlauer Berg miteinander verbindet. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die Bürger im Wedding und speziell diejenigen im Brunnenviertel aktiviert werden. Dazu ist eine bessere Vernetzung mit dem Stadtteilmanagement Brunnenviertel notwendig, aber auch die DeGeWo sollte angesprochen werden, die ihre Mieter auf den Mauerpark hinweisen kann. Im Brunnenviertel sollte es mehr Hinweise auf den Mauerpark geben, z.B. durch Anbringen des Mauerpark-Info-Banners und das Aufstellen einer Info-Tafel. Veranstaltungen im Brunnenviertel könnten helfen, die Weddinger „ins zu Boot holen“, z.B. ein „Mauerparkfrühstück“. Im Mauerpark könnten im Sinne eines Kulturaustausches Musikveranstaltungen stattfinden, die die Bewohner beider Stadtteile zusammenbringen würden.
Genauso wichtig ist es natürlich, die physischen Hindernisse zwischen dem Brunnenviertel und dem Mauerpark zu verringern – die „Zäune sollen weg“. Durch eine Aktion „Grenzdurchbruch“ oder „Maueröffnung“ könnten die Zäune auf dem Gewerbegelände geöffnet werden, sodass von der Lortzingstraße her ein Zugang zum Mauerpark entsteht.
Es wurde angeregt zu erkunden, ob ein Teil des jetzigen Gewerbegeländes gepachtet werden könnte, um einen provisorischen Übergang zwischen dem Brunnenviertel und dem Mauerpark herstellen zu können.
Der nächste Mauerpark-Brunch sollte im Brunnenviertel stattfinden.
Aktivitäten und Projekte für den Mauerpark
Als wichtige Aufgabe wurde es angesehen, die verschiedenen Gruppen von Parkbesuchern, die den Mauerpark aktiv nutzen, zu vernetzen. Dazu gehört die Organisation von Veranstaltungen für Jugendliche (z.B. Hip-Hop-Event) und ein Zusammenwirken mit weiteren Besuchergruppen im Falle der Walpurgisnacht und der Fête de la Musique.
Andererseits hat der Park in den Augen vieler Menschen noch immer das Image, „schmutzig“ zu sein. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn man den heutigen Pflegezustand mit dem von vor einigen Jahren vergleicht. Deshalb sollte der Park als relativ gepflegt den Menschen in den Stadtbezirken stärker nahegebracht werden.
Die Geschichte und Vorgeschichte des Mauerparks sollte mehr sichtbar gemacht werden, indem die noch vorhandenen Spuren der Stationen Güterbahnhof und Areal der Berliner Mauer erhalten und in den Park integriert werden. Eine stärkere Verbindung mit der Gedenkstätte Berliner Mauer wäre dafür zu empfehlen. Führungen durch den Mauerpark, die auch seine Geschichte und seine Zukunft zeigen, können von Bernd Krüger und Reinhard Linde einmal im Monat durchgeführt werden.
Eine vorgeschlagene Aktion zum Erhalt des Moritzhofs auf dem Flohmarkt, der zeitweilig in seiner Finanzierung bedroht war, ist dank der Senatsentscheidung, dass die Pankower Projekte weiter aufrechterhalten werden können, zunächst überflüssig geworden.
Jedoch, so erfuhren die Freunde des Mauerparks im Nachhinein, wurden auch die Finanzmittel für die Erhaltung, Pflege und Entwicklung der Grünflächen vom Bezirksamt Pankow ebenso auf ein nicht ausreichendes Minimum zusammengestrichen. Demnach bedarf es mehrerer Aktionen zur Sicherung der Grünflächen in Pankow.
Die Problematik der Fertigstellung des Mauerparks
Der weitere Gedankenaustausch stand ganz im Zeichen der Problematik der Fertigstellung des Mauerparks. Die zunächst beherrschende Frage dabei ist, wie die Grundstücke auf dem jetzigen Gewerbegelände zu Landes- bzw. Bezirkseigentum werden können, damit der Park in seiner ursprünglich geplanten Größe fertiggestellt werden kann. Es ist noch immer unklar, wie sich der Senat von Berlin und der Bezirk Mitte verhalten wollen, um die vertraglich begründete Forderung der Allianz Umweltstiftung nach Herstellung von 10 ha Park zu erfüllen. Deshalb ist es wichtig, den Bürgern und Parknutzern die Unvollständigkeit des Parks wieder bewusst zu machen und sie über den Stand der Dinge, d.h. über die Stagnation in der Frage der Fertigstellung sowie über die mit ihr verbundenen Probleme und Widerstände zu informieren.
Zu diesem Zweck sollte eine Diskussionsveranstaltung mit dem Stadtrat für Stadtentwicklung des Bezirkes Mitte, Ephraim Gothe, organisiert werden, der vorrangig für die Fertigstellungsfläche zuständig ist und einen Vorschlag zur Aufteilung des Geländes in Park- und Bauflächen erarbeitet hatte. Die Allianz Umweltstiftung und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sollten angeregt werden, sich zu treffen und zu einer Vereinbarung bezüglich der 2 Hektar Park zu gelangen, auf deren Errichtung die Allianz Umweltstiftung ein vertragliches Anrecht hat. (Falls es zu keiner Einigung kommt, droht eine Rückzahlungspflicht des Senats für die bisher erhaltenen Gelder für den Park.)
Unter der Devise „Okkupation durch kulturelle Nutzung“ könnte diesem Prozess von Seiten der Bürger Nachdruck verliehen werden. Es sollten schon jetzt nach Möglichkeit verschiedene Felder besetzt werden, „um mehr Platz einzunehmen als man braucht und dann zu verhandeln“. Es könnte versucht werden, dass Bürger aus dem Prenzlauer Berg und aus dem Wedding gemeinsam Brachen auf dem Gewerbegelände pachten und dort kulturelle Aktivitäten entfalten. Dabei könnte auf die Erfahrungen und Strukturen anderer Projekte aufgebaut und eine Tour zu bestimmten Plätzen wie interkulturelle Gärten, z.B. den Bürgergarten Laskerwiese und andere „Bahnparks“ wie das Gleisdreieck unternommen werden.
Mit einer Fotoausstellung zum aktuellen Zustand der Brachen und zu den Aktivitäten auf dem ehemaligen Gewerbegelände (Landnahme, Kulturpflanzen) in Cafés in der Nähe des Mauerparks sowie mit Informationen im Internet kann auf die Problematik der Unvollständigkeit des Mauerparks aufmerksam gemacht werden.
Visionen für den fertiggestellten Mauerpark
Prinzipiell wurde festgehalten, dass es eine klare Trennung zwischen Wohnen und Parkkultur geben müsse. Dies spricht gegen die Errichtung von Wohnbauten entlang des gesamten westlichen Randes im Weddinger Parkteil, denn die kulturelle Nutzung des Parkes erzeugt Lärm, während die Bewohner solcher Häuser an Ruhe interessiert sind. Deshalb sollten Neubauten auf den Bereich an der Bernauer Str. begrenzt bleiben. Die Belüftungsschneise, die durch den Raum zwischen den bestehenden Wohnbauten im Wedding und dem Stadion besteht, ist für die ganze Stadt wichtig und soll deshalb erhalten bleiben.
Der einmal fertig gestellte Park sollte sich durch eine Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten und Angeboten auszeichnen. Dazu gehört zunächst, dass die schon bestehenden Einrichtungen wie der Flohmarkt, die Bars und Cafés und der Pflanzenhandel unbedingt bestehen bleiben. Die bereits bei der „Landnahme“ erfolgten Pflanzungen müssen als Symbol bürgerschaftlichen Engagements erhalten werden. Dies bedeutet, dass an der ursprünglichen Planung des Landschaftsarchitekten Prof. Lange, die für den Westteil des Parkes bis heran an die Bernauer Str. nur Grünflächen und Baumalleen vorsah, nicht festgehalten werden kann. Der Flohmarkt, die Bars usw. erfreuen sich eines außerordentlich hohen Zuspruchs und der Bedarf an weiteren parkverträglichen Einrichtungen für Kinder und Erwachsene ist sehr hoch. Die Integration aller bestehenden wie der möglichen Erholungsangebote in den fertig zu stellenden Park, d.h. die Modifikation der ursprünglichen Planung ist daher nicht nur vermittelbar, sondern erforderlich.
Folgende konkrete Anregungen für die Nutzung des noch fertigzustellenden Teils des Mauerparks wurden geäußert:
- Ansiedlung weiterer parkverträglicher Gewerbeeinrichtungen,
- Integration des Elementes Wasser durch Anlage eines Teiches,
- Einrichtung eines Zeltplatzes,
- Anlegen einer betreuten Feuerstelle im sonst unbeleuchteten Park („Park der Nacht“), was jedoch wegen der Lärmbildung nicht möglich ist, wenn am westlichen Parkrand Townhouses gebaut werden,
- Ausbau eines Weges durch den westlichen Park für den Fernradweg Berlin – Usedom,
- trotzdem Ruhe im Wedding erhalten, Interesse der Menschen am Naturschutz nutzen
- Errichtung einer kleindimensionierten Burgruine für Spielzwecke als Treffpunkt für ältere Kinder und Jugendliche,
- sofern Häuser am westlichen Parkrand gebaut werden, könnten sie im Stil von Hundertwasser errichtet und mit einem Hügel als Lärmschutz zum Wedding hin kombiniert werden, es entstünde ein Tal zwischen diesem Hügel und dem Stadionhang und damit sozusagen eine „kleine Schweiz“,
- Schaffung einer Reitmöglichkeit für Jugendliche und Erwachsene,
- Errichtung eines Platzhauses als kleines Kulturzentrum,
- Einrichtung einer Erlebnisgastronomie (Kiezküche, Verwendung lokaler Produkte),
- Errichtung eines Backhauses zum traditionellen Backen und als Treffpunkt,
- Anlage eines interkulturellen Gartens mit essbaren Pflanzen, Obstbäumen, Wildobst und -sträuchern ohne Abzäunung, der möglichst durch hauptamtlich tätige Mitarbeiter betreut wird,
- Anlage von Gemeinschaftsgärten direkt an den Hinterhöfen der DeGeWo-Häuser (gemeinsame Ernte und gemeinsames Kochen).
Die Planung und Errichtung solcher Anlagen und sozialen Einrichtungen könnte im Rahmen eines Modellprojektes befördert werden, das mit EU-Mitteln finanziert wird, da so auch Arbeitsplätze für Arbeitslose und Jugendliche entstehen könnten.
Fazit der Freunde des Mauerparks e.V.
Die Freunde des Mauerparks ziehen ein positives Résumé aus dem Verlauf und zu den konstruktiven Ergebnissen des Mauerpark-Brunches.
Es ist gelungen, den Dialog zwischen Anwohnern, Interessenvertretungen und Politikern zu fördern und eine ganze Reihe konkreter Vorschläge zur Fertigstellung zu dokumentieren. Dadurch werden die Verhandlungen über die Fertigstellung wieder mehr in das öffentliche Interesse gebracht und mehr Transparenz in den Prozess gebracht, der in letzter Zeit zu sehr hinter verschlossenen Türen stattfand.
Die Freunde des Mauerparks e.V. werden weiterhin den Anwohnern und Besuchern den gegenwärtigen, unfertigen Zustand des Parks vor Augen führen und sich dafür einsetzen, dass die Fertigstellung im Sinne der sozialen Interessen der Anwohner und Besucher erfolgt. Der nächste geplante Schritt ist eine „Zukunftswerkstatt Mauerpark“, die im Frühjahr gemeinsam mit dem STM Brunnenviertel veranstaltet werden soll.
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